Im Jahre 1902 wurden an dieser Stelle erstmals Gäste bewirtet - während der Gottesdienste existierte ein Besuchsverbot
(Unterlagen Archiv Heimatverein Bakum)
Mit einer kleinen Einweihungsfeier wurde am 1. März 2023 das neue Restaurant "Sefis" in der Ortsmitte von Bakum eröffnet. In Anwesenheit von Pfarrer Hilgen und Pfarrer Allam, die die kirchliche Einsegnung vornahmen, freuen sich alle Beteiligten, dass nunmehr nach zweijähriger Bauphase das Restaurant den künftigen Besuchern zur Verfügung steht. Das Ehepaar Diether und Sabrina Ansorge (vorne re.) mit dem Bedienungsteam möchten allen Gästen einen angenehmen Aufenthalt in den neuen modernen Räumen anbieten.
Das Restaurant bietet seinen Gästen helle Räume mit einer geschmackvollen Einrichtung.
Viele Jahrzehnte trafen sich Generationen aus Bakum und der Umgebung im Gasthaus Beckmann.
Erstmals erhielt der Wirt Gerhard Ludwig Beckmann am 28. Juni 1902 die Concession vom Großherzoglichen Amt in Vechta zur unbeschränkten Schankwirtschaft. Louis Beckmann (1867-1945), so wurde er in Bakum genannt, war verheiratet mit Katharina Beckmann geb. Gardwing (1881-1958). Sämtliche Transporte erfolgten mit Pferd und Wagen.
Franz-Josef Göttke und Hubert Kröger vom Heimatverein Bakum überreichten dem Ehepaar Diether und Sabrina Ansorge anlässlich der Eröffnungsfeier eine Kopie der "Concession zur unbeschränkten Schankwirthschaft" von 1902. Ausgestellt wurde dieses Dokument auf den damaligen Wirt Gerhard Ludwig Beckmann.
Concession
zur unbeschränkten Schankwirthschaft
für den Wirt Gerhard Ludwig Beckmann
zu Bakum
Dem Gerhard Ludwig Beckmann wird auf Grund des § 33 der Gewerbe-Ordnung für das Deutsche Reich, sowie des Artikels 3 der Verordnung vom 14. Januar 1884, betreffend dieAusführung der Gewerbe – Ordnung für das Deutsche Reich, die Concession ertheilt, in dem früher von seiner Mutter bewohnten Hause zu Bakum eine unbeschränkte Schank-wirthschaft zu betreiben.
Die Recognition wird alljährlich festgesetzt.
Vechta, den 28. Juni 1902
Großherzogliches Amt Vechta
(Stempel) (Unterschrift)
Kosten 14,85 M
Auch 1902 erhielt die Concession umfangreiche behördliche Vorgaben für das Betreiben einer Gastwirtschaft. Teilweise wurde beim Nichteinhalten sogar mit Gefängnisstrafe gedroht. Während der Gottesdienste und Andachten durften sich keine Besucher in der Gaststätte aufhalten.
"§3. Der durch den Füllstrich begrenzte Raumgehalt eines Schankgefäßes darf:
a) bei Gefäßen mit verengtem Halse höchstens 1/50, bei anderen Gefäßen höchstens1/3 geringer sein als der Sollinhalt
§4. Gast- und Schankwirthe haben gehörig gestempelte Flüssigkeitsmaaße von einem zur Prüfung ihrer Schankgefäße geeigneten Einzel- oder Gesamtinhalt bereit zu halten.
§5. Gast- und Schankwirthe, welche den vorstehenden Vorschriften zuwiderhandeln, werden mit Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft bis zu vier Wochen bestraft. Gleichzeitig ist auf Einziehung der vorschriftswidrig befundenen Schankgefäße zu erkennen, auch kann die Vernichtung derselben ausgesprochen werden.
§6. Die vorstehenden Bestimmungen finden auf festverschlossene (versiegelte, verkapselte, festverkorkte u.s.w.) Flaschen und Krüge, sowie auf Schankgefäße von 1/20 Liter oder weniger nicht Anwendung.
6. Nach Artikel 3 der Sonn- und Festtagsordnung vom 3. Mai 1856 dürfen an Sonn-, Fest-, Bet- und Bußtagen, welche von einer christlichen Religionsgenossenschaft gefeiert werden, während der Zeit des Hauptgottesdienstes (des letzten Vormittagsgottesdienstes, bei den Katholiken Hochmesse mit Predigt) in Wirthshäusern und Clublokalen sog. sitzende Gäste sich nicht aufhalten.
Nach Artikel 4 sind öffentliche mit Lärm verbundene Lustbarkeiten, insbesondere Tanzbelustigungen in Wirthshäusern und Clublokalen, an den ersten Tagen der drei hohen christlichen Feste: Weihnachten, Ostern und Pfingsten, sowie an allgemeinen Bußtagen, imgleichen während der Advents- und Fastenzeit untersagt; an den Vorabenden aller Feiertage dürfen Tanzbelustigungen in Wirthshäusern und Clublokalen nicht gestattet werden.
Wer gegen die Störung der Feier der Sonn- und Festtagsordnung erlassenen Verordnungen zuwider handelt, wird nach § 366 Ziffer 1 des Reichs-Strafgesetzbuches mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft.
Die Handhabung der Vorschriften über die Innehaltung der Sonntagsfeier steht nach Artikel 33 § 1 Z. 5 der revidirten Gemeindeordnung dem Gemeindevorstand, unter Aufsicht des Amtes, zu.
7. Reichsgesetz vom 3. Juli 1878, betreffend den Spielkartenstempel.
§ 10. Spielkarten, welche der Vorschrift dieses Gesetzes zuwider mit dem erforderlichen Stempel nicht versehen sind, unterliegen der Einziehung, gleichviel wem sie gehören und ob gegen eine bestimmte Person Anklage erhoben wird. Wer der Vorschrift dieses Gesetzes zuwider Karten, welche mit dem erforderlichen Stempel nicht versehen sind, feilhält, veräußert, vertheilt, erwirbt, damit spielt oder solche wissentlich in Gewahrsam hat, verfällt für jedes Spiel in eine Strafe von dreißig Mark.
Wirthe und andere Personen, welche Gäste halten, haben dieselbe Strafe bewirkt, wenn in ihren Wohnungen oder Lokalen mit ungestempelten Karten
gespielt und nicht nachgewiesen wird, daß dies ohne ihr Wissen geschehen ist"
(Transkription beider Dokumente
Franz-Josef Göttke, Febr. 2023)
Eine Aufnahme um 1930. Beim Umbau des Hauses war sich das Ehepaar Louis und Katharina Beckmann bei den Fenstern uneins. Es wird erzählt, dass beide sich nicht einigen konnten. Sie wollte runde und er eckige Fenster haben. So einigte man sich auf oben runde Fenster und unten eckige Fenster.
Die Schaufenster des Kaufhauses Beckmann waren zur damaligen Zeit in den fünfziger Jahren ein besonderer Blickfang.
Gaststätte, Saalbetrieb, Kaufhaus, Bäckerei, Schlachterei, Vereinslokal und noch einiges mehr war über Jahrzehnte das Haus Beckmann in Bakum. Die Bakumer Bevölkerung traf sich dort zu regelmäßigen Zusammenkünften. Versammlungen und Feiern von SC Bakum, dem Handels- und Gewerbeverein, der Kolpingsfamilie, der Landjugend, der Kirchengemeinde fanden "bi Beckmanns Hans" statt. Wie oft der Musikverein über Jahrzehnte seine Übungsabende hier absolvierte, ist nie ermittelt worden. Für den Musikverein war es sein "Zuhause". Selbstverständlich traf man sich hier zu den Konzerten und zu den jährlichen sehr gut besuchten Musikerbällen.
Die genaue Zahl der Veranstaltungen, die im Saal des Gasthauses Beckmann stattgefunden haben, lässt sich ebenfalls nicht mehr genau ermitteln. Jedoch hat Sefi Beckmann in einem blauen Büchlein alle Saal-Veranstaltungen seit 1950 festgehalten. So konnte sie zu jeder Zeit nachlesen, bei welchem Herbstmarkt, Sportler-, Sänger- oder Musikerball wie viel Fass Bier, Koteletts oder Kartoffelsalat verkauft wurden. Diese Informationen waren hilfreich für das nächste Fest, welches von ihr vorbereitet werden musste.
Auch erwähnt werden darf die Nutzung des Vereinslokales als Ersatz für ein Pfarrheim. Bis in die 1980er Jahre wurden Infoabende zu Erstkommunion und Firmung sowie Pfarrversammlungen auch im Gasthaus Beckmann abgehalten. Während der Kirchenausmalung 1987 fanden sogar die Sonntagsgottesdienste für Monate auf dem Saal Beckmann statt.
Hans Beckmann (1915-1977) übernahm von seinem Vater Louis die Gaststätte. Verheiratet war er mit Sefi geb. Nuxoll-Wilmderding (1924-2015).
Sie sorgten für einen reibungslosen Ablauf in der Bewirtung der Gäste im Saal, der sich im Obergeschoss befand. V. li. Sefi Beckmann mit Hedwig und Alfred Doerk.
Während im Hintergrund die Bakumer munter das Tanzbein schwingen, führen hier im Vordergrund von li. Vikar Klinker, Pfarrer Josef Bohmann und Kirchenküster Hans Thobe eher eine ernstes Gespräch.
Außerordentlich gute Stimmung herrscht hier beim Sängerball im Jahr 1956
Auch der Gemeinderat nutzte regelmäßig die Räumlichkeiten der Gaststätte Beckmann für Gemeinderatssitzungen. Hier tagt der Gemeinderat 1979 und beschäftigt sich ebenfalls mit dem Bau eines neuen Rathauses.
Mitglieder der Landjugend führten auf der Bühne im Saal Beckmann in 70iger Jahren Theaterstücke auf.
Hier gratuliert der damalige Vorsitzende Anton Kollmer Vereinswirtin Sefi Beckmann im Juli 1994 zum 70. Geburtstag.
Nachdem das Haus Beckmann in den letzten Jahren unbewohnt war, erfolgte im Frühjahr 2020 das endgültige "Aus" des Hauses in unmittelbarer Nähe der Bakumer Pfarrkirche St. Johannes. (Foto G. Rosenbaum)
Der fast fertiggestellte Neubau auf dem Grundstück Beckmann und Geising wurde in der Bakumer Bevölkerung aber auch mit Kritik begleitet. Nicht nur für Junker Voss ergibt sich eine ganz neue Perspektive auf die Dorfmitte von Bakum.