Die etwas andere Wegbeschreibung von Vechta nach Bakum


 Mehr als einhundert Jahre liegen zwischen den obigen Ausgaben vom 3. Mai 1921 und der Ausgabe vom 11. Dezember 2021. Dank der tatkräftigen Archivarbeit von Werner Kreutzmann und mit Unterstützung des im Jahre 2003 verstorbenen Werner Kuper sind alle Ausgaben dieser Heimatblätter von der ersten im Jahre 1920 bis zur aktuellsten Ausgabe im Januar 2022 im Archiv des Heimatvereins Bakum lückenlos vorhanden. „Unterschiedliche Autoren vermitteln ein breites Bild der Geschichte einzelner Ortschaften, von Familien, Traditionen oder auch von  sprachlichen Unterschieden – vom Plattdeutschen bis zum Saterfrisischen – im Oldenburger Münsterland.“ So beschreibt es Andreas Kathe in der OV anlässlich des Jubiläums „1920 100 Jahre Heimatblätter“.

Für das Finden der zahlreichen Beiträge der 100 Jahre sind die vorhandenen Inhaltsverzeichnisse über einzelne Zeitabschnitte sehr hilfreich. Vereinsmitglied Alfred Behrens hat vor einigen Jahren alle Beiträge aus der Gemeinde Bakum in einer übersichtlichen Aufstellung (gegliedert nach Ort/Bauerschaften) dem Heimatverein Bakum zur Verfügung gestellt.

V. li. Werner Kuper, Alfred Behrens und Werner Kreutzmann

In der 5. Nummer vom 3. Mai 1921 beschreibt Prof. Dr. Georg Reinke in seinen "Wanderungen durch das Oldenburger Münsterland" verschiedene Wege von Vechta bis Bakum. Interessant ist der Vergleich des Gesanges von Vögeln und Menschen. Inwieweit der damalige bekannte Heimatforscher bei seinen Arbeiten ebenfalls den Gesang gewählt hat, ist nicht überliefert.

 

"Von Vechta nach Bakum führen verschiedene Wege. Wer die Kunststraße über Daren-Elmelage benutzt, macht einen Umweg von mehreren Kilometern. Ortskundige schlagen deshalb mit Vorliebe den alten Bakumer Weg über Schledehausen ein.

 

Die damalige "Kunststraße" von Vechta nach Bakum in Schledehausen.

Wer aber idyllische Wege liebt, der wählt, vorausgesetzt, dass trockene Witterung herrscht, den Wiesenpfad über Gut Vardel und Lohe. Lieblich schlängelt sich der Fußpfad durch ein ausgedehntes, von mehreren Bächen belebtes Wiesental, das umsäumt ist von Buschwerk und Waldpartien, so dass Auge und Ohr in gleicher Weise ergötzt werden; besonders für das Ohr durch den vielstimmigen Vogelgesang, der auf allen Seiten aus dem dichten Erlengebüsch uns entgegenschallt.

Das Vogelleben ist in den meisten Gegenden Südoldenburgs dank dem Wald- und Wasserreichtum noch immer recht reich und vielgestaltig. Wohl sind infolge mancherlei Kulturarbeiten, Trockenlegungen von Sumpfgebieten, Niederlegen von Wallhecken, Beseitigung von Holzbeständen usw. die Lebensbedingungen für die gefiederten Sänger nicht gerade günstiger geworden, aber im ganzen kann sich unsere Heimat in bezug auf Vogelreichtum mit anderen Gegenden sehr gut messen. Und das ist kein geringer Vorteil. Ganz abgesehen von dem Großen Nutzen, die die Vögel durch Vertilgung schädlicher Raupen und Insekten stiften, tragen sie ungemein zur Belebung und Verschönerung der Natur bei.

Dieses zum Gut Ellerhorst gehörende Heuerhaus in Vardel lag an der beschriebenen Wegstrecke.

Außer dem Vogelgesang vernimmt man kaum ein Singen von Menschen, außer beim Gottesdienst. Wann hört man  mal jemand bei der Arbeit singen? Es scheint beinahe als wenn das Singen dem Norddeutschen Mühe und Anstrengung verursache. Kaum eine Gegend ist gesangsarmer als unsere Heimat.

Die in den Volksschulen eingeübten Lieder scheinen mit dem Austritt aus der Schule vergessen zu sein; man hört sie später nicht mehr. Gerät der Südoldenburger bei festlichen Gelegenheiten oder auf dem Heimweg in später Nachtstunde, wenn ein Glas über

den Durst getrunken ist, einmal in das Stadium, wo selbst seine Natur das Singen verlangt, dann sind es abgedroschene Soldatenlieder, hier und da auch aus Operetten übernommene Gassenhauer, die er unter Gröhlen oder dumpfen Brummen von sich gibt. Einen ausdrucksvollen, wohlklingenden Gesang hört man ganz selten.

 

Dabei fehlt unserm Volke der Sinn für Musik und Gesang keineswegs. Erschallen irgendwo musikalische Töne, und seien es auch nur die einer Drehorgel, sofort lauscht alt und jung mit gespannter Aufmerksamkeit. Am Kirchengesang beteiligt sich, wenn auch manchmal nicht in sehr erbaulicher Weise, die ganze Gemeinde. Auch viele Gesangvereine leisten Anerkennenswertes. Aber einen wirklichen Volksgesang findet man bei uns nicht und wird man bei der Natur unserer Bevölkerung wohl auch für immer entbehren müssen. Um so mehr wollen wir uns an dem Vogelgesang erfreuen und unsere einheimischen kleinen Sänger schützen, hegen und pflegen."

Nicht immer lag Prof. Reinke mit seinen Voraussagen richtig. Stellvertretend für unzählige Konzerte im Oldenburger Münsterland sang die Chorgemeinschaft Cäcilia Bakum 2009 die Deutsche Messe von Franz Schubert.

"Sobald man bei Lohe Bakumer Gebiet betritt (Judensteeg), hat man ein an Schicksal wechselvolles Gebiet vor sich." Auf vielen Seiten beschreibt Prof. Dr. Reinke dann die Geschichte der Adelsgüter in Bakum.