"Wir wollen uns nicht bekämpfen"

Vor 50 Jahren in der OV - Unterschiedliche Beurteilungen der Verwaltungs- und Gebietsreform zwischen Bakum und Langförden

 

Heftig wurde vor 50 Jahren im Landkreis Vechta auf allen Ebenen eine mögliche Verwaltungs- und Gebietsreform diskutiert. Als Ergebnis dieser Reform kam es ab 1. März 1974 zu folgenden Veränderungen im Landkreis Vechta.

Die selbständige Gemeinde Lutten wurde in die Gemeinde Goldenstedt eingegliedert. Gleichzeitig gelangten die bis dahin zum Landkreis Osnabrück gehörenden Gemeinden Vörden, Hörsten und Hinnenkamp zum Landkreis Vechta und wurden Teil der Gemeinde Neuenkirchen-Vörden. Die in der Nachbarschaft von Bakum befindliche selbständige Gemeinde Langförden gehört seit dem 1. März 1974 zur Stadt Vechta. Bakum blieb weiterhin selbständig.

 

Bürgermeister Clemens Hölscher (li) und Gemeindedirektor Leonard Kordes trugen die Verantwortung für die Gemeinde Bakum während der Verwaltungs- und Gebietsreform in den Jahren 1972 bis 1974.

Beschäftigt man sich mit Aufzeichnungen der damaligen Zeit, dann stellt man sehr schnell fest, dass das Verhältnis zwischen Bakum und Langförden nicht unbedingt von Liebe und Vertrauen gekennzeichnet war. So sind die Jahre 1971 bis zur Zusammenschließung 1974 mit Vechta in der Chronik Langförden 1990 ausführlich beschrieben. Der  Diskussionsvorschlag des Niedersächsischen Minister des Innern vom 19.11.1971 sah eine Zusammenlegung der Gemeinden Bakum und Langförden vor. Bürgermeister der Gemeinde Langförden Hugo Böckmann bezeichnete den Vorschlag aus Hannover schlicht und einfach als absurd. Im Februar 1972 verabschiedete der Gemeinderat Langförden eine umfangreiche Stellungnahme, in der auf die Unsinnigkeit des Vorschlages des Innenministeriums verwiesen wurde.

Bürgermeister Hugo Böckmann aus Langförden.

Bei Vertretern von Rat und Verwaltung der Gemeinde Bakum stieß der erste Diskussionsvorschlag der Nieders. Landesregierung insgesamt auf Akzeptanz. So verfasste der Gemeinderat Anfang 1972 eine Stellungnahme mit entsprechenden Bedingungen, die in der OV Mitte Febr. 1972 veröffentlicht wurde.

 

„ Der Diskussionsvorschlag für die Neugliederung der Gemeinden sieht einen Zusammenschluss der Gemeinden Bakum und Langförden vor. Diesem Vorschlag stimmt der Rat der Gemeinde Bakum unter der Bedingung zu, dass der Sitz der Verwaltung in Bakum ist, da der Ort Bakum der Mittelpunkt des neuen Gemeindegebietes ist. Die Entfernungen von den bewohnten Ortslagen zum Sitz der Verwaltung würden dann in etwa den Idealvorstellungen der Entschließung über die Verwaltungs- und Gebietsreform auf Gemeindeebene entsprechen.

Die Kirchstraße in der Dorfmitte zu Beginn der 70iger Jahre.

Für den Fall, dass die endgültige Neugliederung der Gemeinden von dem Diskussionsvorschlag, aus den der Gemeinde Bakum nicht ersichtlichen Gründen, abweicht, ist der Rat der Gemeinde der Auffassung, dass dem Wohl der Einwohner der Gemeinde Bakum dann am besten gedient ist, wenn die Selbständigkeit der Gemeinde erhalten bleibt.  Die über 78 qkm große Gemeinde Bakum hat nach dem Volkszählungsergebnis eine Wohnbevölkerung von 4744 Einwohnern. Das entspricht einer Einwohnerdichte von 60 Einwohnern je qkm. Nach der Entschließung des Landtages vom 09.02.1971 können in dünnbesiedelten Räumen oder dort, wo sinnvolle Zuordnungen sich anders nicht ergeben, Gemeinden um etwa 5000 Einwohner gebildet werden.

Diese Voraussetzungen treffen für die Gemeinde Bakum auch schon jetzt in jeder Weise zu, insbesondere auch die geforderte Zusammenfassung der Verwaltungskräfte. Eine qualifizierte Verwaltung auf der Ortsebene, die die aus der Kreisebene zu verlagernden Zuständigkeiten wahrnehmen kann, ist bereits vorhanden.

Das Gemeindebüro befand sich in direkter Nähe zum heutigen Rathaus an der Kirchstraße und sollte nach den Vorstellungen des Gemeinderates Bakum das Rathaus auch für den Bereich Langförden werden.

Auch die örtlichen Einrichtungen der Daseinsvorsorge (Mittelpunktschule, Büchereien, Kindergärten, Sportanlagen, Jugendheime, Schwesternstationen, Friedhöfe mit Leichenhallen, Kanalisation, Wasserversorgung usw.) sind bereits vorhanden.

1966 erfolgte eine großzügige Erweiterung der Johannesschule.

Das neue Pfarrzentrum mit Kindergarten war 1972 bereits fertiggestellt.

Die in den letzten Jahren erfolgte Ansiedlung von Industriebetrieben, die hauptsächlich landwirtschaftliche Produkte verarbeiten, hat sich günstig auf die Finanzkraft ausgewirkt.

Der moderne Schlachthof Gausepohl produzierte seit 4 Jahren an der Harmer Straße.

Auch die Bevölkerungszuwachsrate ist in dieser Zeit gestiegen und hält weiter an, so dass die 5000-Einwohnergrenze auch durch den hohen Geburtenüberschuss in absehbarer Zeit erreicht sein wird.“

 

Zu dieser Stellungnahme der Gemeinde Bakum gab Bürgermeister Hölscher in der Gemeinderatssitzung im Febr. 1972 einen Bericht über die bisher gelaufenen Verhandlungen und erklärte, dass man die Stellung der Gemeinde Langförden gekannt habe, man sei aber einer Einladung von Langförden gefolgt und habe dabei alles noch einmal durchgesprochen. Langförden besteht auf eine Selbständigkeit und will auf keinen Fall zu Bakum gehören.

 

Hölscher meinte dann wörtlich: „ Wir haben denen unseren Standpunkt klargelegt, dass wir dem Diskussionsvorschlag zustimmen, weil wir mit der Einwohnerzahl an der untersten Grenze liegen. Wir sind mit Langförden aber auch so verblieben, dass wir nicht mit Hochdruck darauf arbeiten, Langförden muss unbedingt nach Bakum, wir wollen uns gegenseitig keine Schwierigkeiten machen und uns nicht bekämpfen. Langförden wünschte von uns, dass wir auf unsere Selbständigkeit pochen und Langförden in seinen Bestrebungen auf Selbständigkeit unterstützen. Wir sollten praktisch eine Zusammenlegung mit Langförden ablehnen. Darauf haben wir denen gesagt, das können wir nicht, da unsere Gemeinde mit 4744 Einwohnern dann gefährdet ist.

 

Auf die Frage des Ratsherrn Dillmann, wie man sich schulisch die Dinge bei einem Zusammenschluss der beiden Gemeinden Langförden und Bakum denke, antwortete Bürgermeister Hölscher, dass man in dieser Frage mit Langförden völlig verschiedener Meinung sei. In Bakum glaube man an eine Sekundarstufe bei einem Zusammenschluss. In Langförden tendiere man schulisch eindeutig nach Vechta.

Inhalt  Hubert Kröger (HV-Bakum)

Fotos: OV Zurborg und Archiv HV-Bakum)