1.400 Heimatvertriebene fanden kurzfristig eine Unterkunft in der Gemeinde Bakum

Bakum in der Nachkriegszeit

11 Millionen Deutsche verließen zwangsweise ihre Heimat - ein tragisches Ergebnis des verlorenen Krieges

Quelle: Archivunterlagen Heimatverein, Chronik Volksbank Bakum, Chronik der Bauerschaft Hausstette von Hanna Koops und Maria Teschner, Carum - einst  jetzt von Franz-Josef Tegenkamp, Fotos Zurborg/Heimatbund

Der 2. Weltkrieg, der viele Länder Europas in Mitleidenschaft gezogen hatte, war endlich im Mai 1945 nach 5 Jahren und 8 Monaten zu Ende. Auch in Bakum hinterließ diese Zeit deutliche Spuren.

212 junge Soldaten aus der Gemeinde Bakum waren im 2. Weltkrieg gefallen. Das kriegsbedingte schreckliche Geschehen war jedoch noch nicht zu Ende. Als Folge des verlorenen Krieges flüchteten 11 Millionen Deutsche aus ihrer angestammten Heimat in den östlichen Provinzen des Deutschen Reiches vor der Roten Armee nach Westen oder wurden nach Kriegsende vertrieben. Die Bevölkerung des Landkreises Vechta nahm bis 1950 um ein Viertel zu.

Auch in Bakum, das durch Anordnung der Militärregierung mit der Ausgliederung Langfördens im April 1946 seinen bis heute bestehenden räumlichen Zuschnitt erhalten hatte, begann eine neue Epoche. 1350 Menschen wies die Kreisverwaltung der Gemeinde Bakum zu, deren Einwohnerzahl damit in kurzer Zeit ebenfalls um mehr als ein Viertel auf 5620 Personen anstieg.

 

Die Flüchtlinge kamen vor allem aus Schlesien und Pommern. Es waren Menschen, die nicht nur Hab und Gut verloren hatten und nur noch mit dem, was sie tragen konnten und auf dem Leibe trugen, in der Gemeinde Bakum ankamen. Es waren Frauen und Männer aller Altersgruppen, Kinder und Jugendliche, die ihre Heimat zwangsweise preisgeben mussten; ein tragisches Ergebnis des verlorenen Krieges.

Aloys Rosenbaum

(1891-1959) aus Westerbakum wurde direkt nach Kriegsende von den Allierten zum Bürgermeister der Gemeinde Bakum ernannt

Klemens Kreutzmann

(1894-1976) regelte als  Gemeindedirektor den Zustrom der zahlreichen Vertriebenen aus den  deutschen Ostgebierten

Diese Baracke diente in der Zeit von 1947 bis 1958 als Gemeindeamt der Gemeinde Bakum und war mit einem heutigen Rathaus vergleichbar.  Vor dem Gemeindeamt steht Klemens Kreutzmann.

Der von der Militärregierung als Bürgermeister eingesetzte Bauer Aloys Rosenbaum und Gemeindedirektor Clemens Kreutzmann verteilten die Menschen, die in der Mehrzahl völlig mittellos und auf Hilfe in jeder Form angewiesen waren, auf die Bauerschaften. Die endgültige Verteilung auf die einzelnen Höfe und Häuser hatten die Bezirksvorsteher vorzunehmen. Die beste Stube, die Kammer oder ein sonstiger Wohnraum mussten zur Verfügung gestellt werden. Plötzlich lebten 2, ja sogar 3 Familien in einem Hause. Auch die leerstehenden Baracken der Flakstellungen in Lohe und Schledehausen wurden belegt. Da die Heimatvertriebenen anfangs keinen eigenen Herd hatten, musste auch für die Verpflegung gesorgt werden. Man versuchte miteinander auszukommen, was nicht immer so einfach war. Da aber jeder gerne seinen eigenen Bereich hatte, wurden Hühnerställe und andere Gegebenheiten zu Flüchtlingswohnungen umgebaut. Einige Bauern errichteten sogar ein eigenes Flüchtlingshaus. Steine dazu holte man sich von dem zerbomten Vechtaer Flugplatz. Die Militärregierung ordnete an, dass alle Parteigenossen zugunsten der Flüchtlinge je einen Anzug abzugeben hätten. Im Übrigen war es Sache der Gemeinde, die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen.

Im Frühjahr 1946 wurden die ohnehin sehr geringen Lebensmittelrationen nochmals herabgesetzt. Um das Maß der Leiden voll zu machen, war der Winter 1946/47 ungewöhnlich kalt und lang anhaltend.

 

Soweit bekannt, haben die Bakumer auch in dieser schweren Zeit Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft gegenüber den Neubürgerinnen und -bürgern bewiesen, von denen eine große Zahl in Bakum später Wurzeln geschlagen hat. Auch die Gemeinde tat, was ihr nur möglich war, um die nackte materielle Not der Flüchtlinge zu mildern. Unkonventionelle Wege scheute die Gemeinde

 

 

 nicht. So unterhielt Gemeindedirektor Kreutzmann eine Kasse mit dem Namen „Werk der christlichen Nächstenliebe“ für die er Spenden in der Gemeinde Bakum sammeln ließ. Mit diesen Mitteln half er dann, wenn strikte Bestimmungen ihm eine Unterstützung Bedürftiger mit öffentlichen Mitteln der Gemeinde nicht gestatteten.

 

Diese Verteilung konnte nicht endgültig sein. Die Landgemeinden wie z. B. Bakum boten den vertriebenen Menschen kaum die nötigen Lebensgrundlagen. Es gab keine Industrie und wenig Arbeitsstellen in Handel und Gewerbe. Viele zogen deshalb nach einer Weile der Orientierung weiter; zu Verwandten, dahin, wo sie beruflich Fuß fassen konnten. Im Westen Deutschlands krempelten die zunächst oft auch ungeliebten „Flüchtlinge und Vertriebenen“ die Ärmel auf. Ihr Arbeitswille, ihr Fleiß und ihre Zähigkeit beim Aufbau einer neuen Existenz trugen Jahre später maßgeblich zum Wiederaufstieg der Bundesrepublik zu einer der mächtigsten Industrienation der Welt und zum deutschen „Wirtschaftswunder“ bei.

 

Ausführlich schildern Hanna Koops und Maria Teschner die Situation der Heimatvertriebenen in der Bauerschaft Hausstette. (Chronik der Ortschaft Hausstette über 368 Seiten aus dem Jahr 2006) Zahlreiche Bewohner aus den deutschen Ostgebieten werden in dieser umfangreichen Dokumentation vorgestellt. Auch wird der weitere Lebensweg dieser Neubürger erwähnt. Freundschaftliche Beziehungen wurden auch jahrzehntelang gepflegt mit denen, die Hausstette nach einiger Zeit wieder verlassen haben.

 

Auch die Chronik "Carum  - einst  jetzt" von Franz-Josef Tegenkamp berichtet auf den Seiten 309 bis 313 ausführlich über die Situation der Flüchtlinge in Carum.

 

Seit 1946 leben die Geschwister Hildegard und Martin Ueberschär in der Gemeinde Bakum. Ihre Erinnerungen haben sie in der Vestruper Chronik ausführlich beschrieben. Diese bewegenden Lebensgeschichten werden wir  hier im nächsten Beitrag vorstellen.

 

Leider sind im Archiv keine Bilder der Jahre 1945 bis 1949 vorhanden. Die Menschen hatten andere Probleme und Fotografieren war nur selten möglich. Gerne nimmt der Heimatverein Bilder aus dieser Zeit zum Digitalisieren entgegen.



Der Heimatverein Bakum finanziert sich zum größten Teil aus den Beiträgen der Mitglieder (aktuell 640 Mitglieder) Gerne möchten wir diese Zahl in nächster Zeit erhöhen. Falls noch keine Mitgliedschaft besteht, hier kann die Mitgliedschaft erworben werden.