Einige Fahnenjunker wollten Bakum noch verteidigen

Werner Kreutzmann kann sich noch sehr gut an das Kriegsende in Bakum erinnern und hat viele Dokumente dieser Zeit im Heimatarchiv  gesammelt

Werner Kreutzmann, damals im April 1945 6 Jahre alt, kann sich als kleiner Junge noch an Einzelheiten der Ereignisse zum Kriegsende in Bakum persönlich erinnern. So flüchtete er mit Nachbarn zum Hof Busse in Büschel und verbrachte hier die Nacht in der Scheune. Hier hatten sie ein wenig Schutz vor den Artillerieangriffen der englischen Truppen, die die letzten deutschen Truppen aus Bakum vertreiben wollten. Auch verbrachte er mehrere Nächte angstvoll und betend im eigenen Hauskeller.

Heute genau vor 75 Jahren am 8. Mai 1945 hatte die Naziherrschaft in Deutschland mit dem Ende des 2. Weltkrieges endgültig ausgedient. Werner Kreutzmann sammelte in den letzten Jahren umfangreiches Dokumentationsmaterial dieser damaligen Bakumer Zeit im Heimatarchiv.

Viele Zeitzeugen beschrieben ihre Erinnerungen der Kriegszeit. Einzelheiten zum Kriegsende hielt ebenfalls Werner Kuper aus zahlreichen Befragungen handschriftlich fest. Aus allen Bauerschaften der Gemeinde Bakum sind Unterlagen zu den Vorgängen während der Kriegszeit vorhanden. Besonders dramatisch war es in Lüsche. Lehrer Joseph Rießelmann, damals Lehrer in Lüsche,  hat die Einzelheiten dieser schlimmen Vorgänge in Lüsche ausführlich beschrieben.

Bewegend sind auch die Schilderungen von Maria Lamping, eine junge Mutter von sechs Kindern aus Harme. Hier ein kleiner Ausschnitt: "...So langsam wurde aus der anfänglichen Unruhe richtige Panik, denn wo sollte ich mit den Kindern hin? Zum Glück hatte jemand einen Laufgraben in Frillings Garten ausgehoben. Er brachte unsere drei Ältesten Agnes 11 Jahre, Arnold 8 Jahre und Elsbeth 6 Jahre in Frillings Garten und versteckte sie dort mit den Nachbarskindern im Graben. Ich nahm Marianne 4 Jahre, Irmgard 2 Jahre und Elfriede 3 Monate alt und rannte unter Granatenbeschuss zu Frillings, um im Keller Zuflucht zu suchen. Glücklicherweise ging alles gut, obwohl ich bei mir dachte, ob ich das Haus wohl jemals heile wiedersehen würde?"... 

Auch Ereignisse aus der schweren Nachkriegszeit sind dokumentiert.

Andreas Kathe (ehemals Chef der Lokalredaktion der OV) hat 1985 eine Dokumentation zum 40jährigen Kriegsende im Landkreis Vechta erstellt. Aus den vorhandenen Unterlagen berichtet das Buch auch von einigen Geschehnissen  in der Gemeinde Bakum:

Tage vor dem Einmarsch der Engländer in Bakum kamen deutsche Fahnenjunker, um Vorbereitungen für eine erfolgreiche Verteidigung von Bakum zu treffen und sich für ein schnelles Weiterrücken vorzubereiten. Dazu beschlagnahmten sie alle geeigneten Autos, Motorräder und Pferde. Für die Verteidigung des Ortes wurden zum Beispiel Ackerwagen und andere Geräte quer über die Straße gestellt. Zwischen der Vikarie (jetzt Pfarrzentrum) und Suings Garten (Haus Menting) wurde eine sogenannte Panzersperre aufgebaut.

 

Nur wenige Bilder der damaligen Zeit zwischen 1933 und 1945 mit der anschließenden Nachkriegszeit sind im Archiv vorhanden. Die Menschen hatten andere Sorgen und das Fotografieren war eher eine Seltenheit. Hier sieht man Teile des Umzuges anlässlich eines Kriegerfestes Anfang Mai 1939 in der Kirchstraße.

Am 12. und 13. April flogen feindliche Spähflugzeuge über Bakum hinweg und erkundeten den Ort. Das war etwa am Vormittag oder um die Mittagszeit. Weil die Straßen verbarrikadiert waren durch Panzersperren und Ackerwagen, wurde die Vikarie zu einem gefährlichen Aufenthaltsort. Der damalige Vikar Josef Arlinghaus und seine Haushälterin fuhren deshalb mit dem Fahrrad aufs freie Feld Richtung Büschel und begaben sich in Deckung in einer Kartoffelkuhle.

Es dauerte nicht lange, da flogen schon Artilleriegeschosse aus Richtung Hausstette über Büschel und über die Köpfe hinweg in Bakum hinein. Der erste Schuss (so hörte man nachher) traf die Gartenseite der Vikarie, riss die Wand auf und zertrümmerte fast alle Fenster im Haus. Viele Häuser, Dächer und Fenster sind bei dem stundenlang anhaltenden Beschuss in Bakum schwer beschädigt worden. Dabei gab es zwei Tote: Ida Evers, Darener Straße und ein russisches Mädchen, das damals bei Rosenbaum war.

Als die Fahnenjunker sich in Bakum einquartiert hatten, entdeckten sie den Soldaten Friedrich Beckmann, der nach seinem Urlaub wieder an die Front zurückkehren wollte. Er war von Bakum aus bis Bremen gekommen, konnte aber seine Rückreise an die Front nicht weiter fortsetzen, weil überall die Brücken gesprengt waren. So war er nach Bakum zurückgekehrt.

Hier wurde er von den Fahnenjunkern als „fahnenflüchtiger“ Soldat aufgespürt und unverzüglich zum Tode verurteilt. Friedrich Beckmann flüchtete in sein Elternhaus. Die Fahnenjunker umstellten das Gasthaus Beckmann und wollten es in Brand schießen. Dazu kam es nicht. Friedrich Beckmann kam nicht lebend wieder aus seinem Haus. Das geschah einen Tag vor der Besetzung Bakums durch die Engländer.

Bild einer Kundgebung zum 1. Mai 1938

Aufgrund dieser Ereignisse fuhr Vikar Arlinghaus in der folgenden Nacht nach Harme zum „Kathekelbusch“ (heute Schlachterei Westfleisch), wo zwei deutsche Soldaten, die sich von der Front abgesetzt und schon tagelang ziemlich frei bewegt hatten, in einem Schafstall versteckt hielten. Wären sie noch am letzten Tag von den Fahnenjunkern entdeckt worden, wäre es ihnen ergangen wie Friedrich Beckmann einige Stunden zuvor. Der Vikar hat ihnen berichtet, was am letzten Tag geschehen war. Sie sollten sich gut versteckt halten, denn für den nächsten Tag war mit dem Einmarsch der Engländer zu rechnen.

Und an diesem 14. April 1945 zogen die Engländer mit Panzerwagen in Bakum ein. Die Fahnenjunker hatten sich bereits zeitig abgesetzt.

Das englische Hauptquartier wurde im Pfarrhaus eingerichtet. Pastor Bohmann musste sich mit seiner Haushälterin selber wieder ein Quartier besorgen und hat bei Suings gewohnt. Das untere Kommando quartierte sich in der Vikarie ein. Vikar Arlinghaus und seine Haushälterin fanden Unterkunft bei Busse-gr. Siemer in Harme.

 

Die Engländer traten an Vikar Arlinghaus heran. Er sollte Bürgermeister werden. Er versuchte aber, das abzuwenden. So wurde Aloys Rosenbaum Westerbakum erster Bürgermeister nach der Besetzung.

In der Folgezeit wurden öfter in der Nacht die Häuser nach Soldaten und Waffen durchsucht. Alle Leute hatten in den Nächten Ausgangsverbot.

Die folgenden Wochen waren zum Teil sehr unangenehm, zum Teil sogar erschreckend. Betrunkene, bewaffnete russische Gefangene plünderten in der Gemeinde und setzten besonders des Nachts die Leute in Schrecken. Josef Hackmann, Schledehausen, der friedlich auf dem Wege entlang ging, wurde bei Tage dort erschossen.

Ca. 250 junge Männer aus der Gemeinde Bakum wurden Opfer des 2. Weltkrieges. Ihre Gräber findet man heute in fast allen  europäischen Ländern. Die gefallenen und alle heimgekehrten Soldaten sind auf Bildtafeln im Heimathaus vorhanden. Leider sind Bildtafen aus Schledehausen, Elmelage und Büschel nicht mehr auffindbar.



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